Austauschprogramm der Freien Waldorfschule Marburg

 

 

 

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Das China-Tagebuch

 

Reise der Delegation der Waldorfschule Marburg

nach Hangzhou

aufgeschrieben von Kirsten Fleïng

Freitag 1.4.2005 Abfahrt

 

Alles stehen aufgeregt und gespannt am Bus und wollen endlich los, die große Reise nach China beginnen.

Ein bitterer Punkt der Reise: Frau Jacobi, die sich so prima auf alles vorbereitet hatte und wahrscheinlich alle Vokabeln gelernt hat, hat sich am Mittwoch den Knöchel gebrochen und kann nicht mitfahren. Wer nun den Brecht Text vorsprechen wird – vielleicht können es die Mädels machen, die das Stück gerade im Unterricht hatten??? Herr Rohde wird danach fragen.

 

Der Flug verlief ruhig und angenehm. Zum Schlafen kamen aber nur wenige und wenn, dasnn kurz. Maximal eine Stunde. Mal sehen wie der Jet-leg verläuft!

 

 

Samstag, 2.4.2005

 

Die Ankunft war überwältigend!

Allerdings begann die Ankunft am Flughafen zäh! Wir suchten vergeblich nach den Koffern von Mo und Frau Weber! Bis sich herausstellte, dass sie Frankfurt gar nicht verlassen hatten, sie waren aus irgendeinem Grunde gar nicht eingecheckt. Sie sollen nun morgen kommen. Die Fahrt vom Flughafen nach Hangzhou war schon mal ereignisreich. Nach ca. einer dreiviertel Stunde legte der Busfahrer eine Pause ein; nicht etwa, damit wir austreten konnten, sondern weil er noch nicht gegessen hatte und nun erst mal ins Restaurant gehen musste dies nachzuholen.

Die Kinder der Guotai- Schule standen Spalier, als wir dort eintrafen und sangen immer wieder „ Herzlich Willkommen“ . Sie hatten Blumenbouquets für die meisten. Das rührte mich sofort zu Tränen.

Bevor alle Schüler und Eltern zu geteilt wurden, wurde zunächst an den Geburtstag von Jan-Nicholas gedacht. Von der Schule bekam er eine Torte und gute Wünsche!

Dann folgte die Übergabe an die Eltern. Alle waren neugierig, wie die Verteilung sein würde und ob man gemeinsam mit dem oder der zusammen kam, wie man es sich gewünscht hatte.

 

 

Sonntag 3.April 2005    Hangzhou

 

Nun, als alle im Bus waren  - mit ca. 20 minütiger Verspätung – begann die Fahrt mit dem Bus zum West – Lake. Eine sehr nette, junge, kompetente gut Englisch sprechende Reiseleiterin wurde uns zugeteilt, die sich redlich bemühte uns ihre Heimatstadt näher zu bringen. Im Bus lauschten ihr schon noch die meisten. Auf dem Boot  - einer alten  bzw. auf alt gestylten Dschunke – hatte die Arme kaum eine Chance gegen unsere europäischen Triebe anzukommen. 1. Der Drang zur frischen Luft und 2. die Chance auf einmalig gute Fotos! Vielleicht ist das der Nachteil der Digikameras: egal wie viele Fotos geschossen werden, die die nix geworden sind, kann man ja wieder löschen – Minütlich leerte sich der Innenraum des Bootes und die verwirrte Reiseleiterin sprach fast nur noch mit Herrn Rohde und einigen Treuen, die dicht um sie herum standen. Sie sprach dessen ungeachtet weiterhin mit ihrem kleinen Megaphon!. Die Macht der Hinausgegangen war also stärker. Die meisten waren nun draußen anzutreffen.

Auf einer kleinen Insel konnten wir in einem ca. 30-minütigem Aufenthalt die schönen Pagoden und wunderbaren Bauten und Blüten bewundern.  wieder eingesammelt und weiter ging es an Land. Dort sollte die Pause eigentlich zum Toilettengang genutzt werden. Allerdings wurde das nicht von allen verstanden , was dazu führte dass wir drei Vermisste zu beklagen hatten. Kleine Aufregungen und Nervositäten begannen sich zu verbreiten, auch wurde nicht davor zurückgescheut der vorbeifahrenden Polizei davon Kenntnis zu geben. Dies führte allerdings dazu, dass die Vermissten schon binnen kurzem und nach  eher unfreundlichem Zusammenstoß mit der Polizei – allerdings zu unserer Erleichterung - wieder auftauchten.

Nach einem kurzen weiteren Gang, der beim Bus endete führte uns der Weitere Weg nun in eine Seidenfabrik. Dort waren einige Webstühle ausgestellt- was man mit gutem Willen als Museumstrakt bezeichnen kann. Die Live-Vorführung der Seidenkollektion hatte eher einen Modenschaucharakter, der wenig museal eher musikal war. Herr Rohde trainierte sich weiterhin als Verkaufsberater in Sachen Seide. Relativ erfolgreich, wie ich finde: es wurden einige Yuans in der Fabrik beim Einkauf der verschiedensten Teile gelassen.

Gegen Abend brachte uns der Bus wohlbehalten zurück.

 

 

Montag, 4. April 2005,

 

Um 7:30 Uhr in der Frühe sollte die Schule beginnen. Sie tat es auch, obwohl recht großes Chaos herrschte. Einige Schüler wussten nicht in welche Klasse sie gehen sollten.

Derweil fanden sich die Erwachsenen zu einer ersten Besprechung zusammen.

Plötzlich wurden wir alle zum Morgenappell beordert. Alles schnell, schnell!

Alle Schüler waren angetreten und standen aufgereiht nach Altersklassen , die chinesische Nationalflagge wurde gehisst und (wir) sangen gemeinsam die chinesische Nationalhymne.

Diese Aktion war zum einen sehr beeindruckend und zum anderen konnte einem vor so viel Drill ein Schauer über den Rücken laufen. Für uns äußerst ungewohnt diese Zeremonie.

 

Auch große Teile des weiteren Tages galten der Präsentation bzw. Repräsentation beider Schulen.

Anschließend gab es Ansprachen vom Vizeleiter der Schule und Herrn Rohde. Um die Wichtigkeit des Schüleraustausches  zu verdeutlichen, benutzte er ein wunderschönes Bild: Er nutzte die offensichtliche Schönheit des Frühlings indem er das Erblühen der Landschaft mit dem Erblühen unserer gegenseitigen Beziehung verglich. Außerdem wusste er, dass heute der erste Tee gepflückt wird und setzte diesen wichtigen, besten Tee mit der Hoffnung auf beste Gemeinsamkeit unserer beiden Schulen gleich. 

 

Anschließend gingen die Schüler in ihre Klassen und die Erwachsenen hörten sich einen Vortrag über Hangzhou an, in dem der West-Lake ob seiner besonderen Bedeutung für Hangzhou nicht zu kurz kam!

 

Hernach wurden die Eltern für zwei Schulstunden einzelnen Unterrichtseinheiten zugeordnet, in denen sie hospitieren sollten.

Nach dem Essen und der Möglichkeit im Internet zu surfen gab es eine Willkommensansprache durch die Sport- und Kulturamtleiterin, die Schulamtsleiterin und Herrn Rohde.

Dem anschließenden Interview, dass Herr Rohde einer Journalistin geben durfte wohnten letztlich nur noch die Erwachsenen bei; für die Schüler war der Punkt des Zuhörens bei dem wunderbaren Sonnenschein überschritten. (die Erwachsenen wären sicher auch gerne hinaus gegangen!) 

Zum guten Schluss des gemeinsamen Tages hatten wir noch Gelegenheit unsere Aufführung zu proben! Wir konnten die Bühne besichtigen und wurden sogar bei einigen Liedern kräftig seitens des Vizeschulleiters unterstützt. Das trug allerdings nicht unbedingt zur Festigung unserer Stimmen bei. Nun, alles klappte noch nicht – vorsichtig ausgedrückt; aber wir sind auf einem guten Weg. Wir werden eine überzeugende Vorstellung geben, dessen bin ich mir sicher!

 

 

Dienstag 5.4.2005 Hangzhou

 

Heute morgen waren wir sehr pünktlich an der Schule. Um 7:15 waren wir schon hier. Nach Schulbeginn um 7:30 verzogen sich die Kinder schnell in ihre Klassen; die Erwachsenen hatten tatsächlich etwas Leerlauf.

In den ersten beiden Stunden wollten sie unter anderem gerne Ansichtskarten kaufen gehen. n Herrn Wu wurde gefragt, wo welche zu bekommen seien. Nach seiner Auskunft gäbe es an jeder Ecke welche. Nun schickte Herr Wu eine Lehrerin gemeinsam mit den Erwachsenen los, damit ihnen auch nichts passierte. SICHERHEIT wird hier ja sehr groß geschrieben. Die scheint sich aber vorwiegend auf die ausländischen Touristen zu beziehen; denn wenn man sich die Verkehrsbedingungen hier anschaut, hat man nicht den Eindruck, dass hier sehr viel wert auf Sicherheit gelegt wird. Alle Verkehrsteilnehmer benehmen sich so, wie sie wollen und wie sie es für richtig halten. Der oder die am lautesten hupt und dann einfach geht oder fährt, hat offensichtlich Recht. Dass Autos hier aus einer Ausfahrt rausfahren, obwohl ca. 20 Fahrräder gerade den Radweg benutzen und alle anhalten müssten, ist hier keine Seltenheit. Allerdings halten die Fahrradfahrer nicht, sie weichen auf die Straße aus, was wiederum dazu führt, dss sich die darauf befindlichen Autos andere Wege suchen müssen. Die finden sich schnell, nämlich auf  der Gegenfahrbahn. Das Problem ergibt sich schnell in Gestalt eines herannahenden Autos, dass diese Spur ja zu Recht benutzt. Wer jetzt wem, wann wie ausweicht, das scheint nicht geregelt; wird aber spontan geregelt – zu Lasten des Zögerlichstem. Das aber nur nebenbei. Herr Wu ist natürlich gerade deswegen auf unsere Sicherheit bedacht: er fürchtet sicher aus gutem Grund, dass Kleinstädter wie wir dem allen hilflos ausgesetzt sind und nirgendwo lebend ankommen. Nun denn, für uns ist es jedenfalls sehr ungewohnt in Begleitung durch die Straßen zu gehen oder sie zu überqueren.

Auch nach intensiver Sucher aller Straßenecken, Läden, Stände und Kioske fand sich keine einzige Ansichtskarte. So war es  immerhin mal ein Ausflug rund um den Block der Schule, der auch Möglichkeiten und Einblicke bot.

Um 10 Uhr begann dann für alle Marburger die Doppelstunde Kalligrafie – die Herren Rohde und Schäfer ausgenommen, die hatten heute den ganzen Tag über offizielle Termine mit anderen Schulen und Bezirksvertretungen.

Wir bekamen eine Einführung in die Geschichte der Kalligrafie und einen kurzen Überblick über die Entwicklung der chinesischen Schriftzeichen. Wir konnten uns an die Tische setzen, auf denen schon Tinte, Pinsel und Papier lag, dass mit geraden und gekreuzten, gestrichelten Linien bedruckt war. Anhand dieser Hilfslinien kann die genaue Position der einzelnen Striche bestimmt werden.  Die exakte Haltung des Pinsels in der Hand ist in der Kalligrafie genauso wichtig, wie das senkrechte Aufsetzen der Borsten.

Die genaue Reihenfolge der einzelnen Striche ist zu beachten. Ebenso sollten Druck Schwung des Pinsels ausgenutzt werden.

Zunächst lernten wir das Wort „CHINA“ schreiben, das aus zwei Zeichen besteht. Als zweites Wort „ Deutschland“ (ebenfalls zwei Zeichen) und als drittes Wort Frieden (ebenfalls zwei Zeichen)

Was das bedeuten soll kann sich jeder leicht erschließen und ist bezeichnend für die Gastfreundlichkeit und die Mühe, die sich alle machen.

Nach dem Mittagessen (Ente, Gemüse und Reis. Außerdem eine Suppe. Alles sehr delikat.)

und einer kurzen freien Zeit (!) ging es zur Probe für den morgigen Tag. Es hieß wir machen eine Generalprobe. Es wurde eher eine gewöhnliche Stell – und alles Probe! Die Probe war sehr chaotisch: viele Stücke, die zuvor schon gut klappten funktionierten wieder nicht: Der Ablauf wurde unterbrochen. Dann funktionierte zunächst der CD-Player nicht. Dann wurden noch einmal Szenen kurz umgestellt und Strophen wiederholt. Alles in allem war es sehr problematisch. Müssten wir mit dem, was wir heute geleistet haben auftreten, oh weia. Die Nervosität vor dem morgigen Auftritt ist allen anzumerken! Ein wenig kann vor allem an der allgemeinen Disziplin gearbeitet werden; die lässt leicht zu wünschen übrig! Aber ich habe Hoffnung. Wenn sich alle zusammenreißen und diszipliniert bei der Sache bleiben, dann wird es auch klappen.

 

Nach der Probe wurde uns allen ein Film über Hangzhou gezeigt.

Gegen 16 Uhr begann für alle der Freizeit-Teil. .

 

 

Mittwoch, 6.4.2005

 

Heute nun sollt endlich das langerprobte Begegnungskonzert stattfinden. Die Aufregung war allen anzumerken. Wird es auch klappen; blamieren wir uns auch nicht? Sind wir bei Stimme? Klappen die Übergänge zwischen den einzelnen Aufführungen? Werden wir auch nicht ausgelacht? Dies Fragen und vielleicht noch mehr gingen uns durch den Kopf.

Und der Tag war noch lang bis zum Konzert.

Die Schüler gingen am Morgen zunächst wieder in ihre Klassen.

Die Lehrer und Eltern hatten zunächst eine Unterhaltung mit Herrn Wu, bei der es hauptsächlich um Organisatorisches ging. So wichtigen Dingen wie der Beschaffung von ausreichend Ansichtskarten! (Hier wäre eine echte Marktlücke!!! Vielleicht möchte ja jemand in dieses Geschäft einsteigen?!?!)

Außerdem wurden verschiedene Punkte angesprochen, die sich auf die Umgangsformen in chinesischen Familien beziehen. Hier ist es offensichtlich in einigen Familien üblich den Gästen ihre Wünsche schnell zu erfüllen. Dazu gehört auch das Bezahlen der Dinge, die sich die Gäste aussuchen. Dies entspricht nun wiederum nicht so ganz unserem persönlichen  Empfinden. Uns ist das unangenehm; man kann sich manchmal kaum etwas genauer anschauen, ohne dass die Familie denkt, man wolle es haben. Das kann sehr unangenehm sein, und so  vermeidet man es natürlich überhaupt noch etwas anzuschauen. Wir wollen ja die meisten Dinge gar nicht kaufen, sondern sie erfühlen und vergleichen. Schließlich wurde beschlossen, dass es noch einmal Gelegenheit geben wird, gemeinsam mit den anderen Marburgern in die Stadt zum Bummeln zu gehen.

Um 10 Uhr begann für die Schüler ein Gespräch zum gegenseitigen Austausch und zu gegenseitigen Fragen. Bei den kleineren Kindern dauerte dieses Gespräch nicht sehr lange. Es wurde danach gefragt, was die deutschen Jungen und auch die deutschen Mädchen daheim spielen. Anschließend wurde ein gemeinsames Spiel gespielt.

Die Oberstufenschüler hatten auch ein Gespräch mit ihren chinesischen Altersgenossen.

Und die Erwachsenen kamen im Medienraum zu einem Gespräch mit anderen Lehrern und Eltern zusammen.  Zunächst begannen die chinesischen Gastgeber uns einige Fragen zu stellen. Sie interessierte unter anderem:

-         Wie geht die Schule in Deutschland damit um wenn Mädchen und Jungen miteinander befreundet sind und ab wann wird das erlaubt?

-         Wie ist der Umgang mit Literatur? Was dürfen und was müssen die Kinder lesen?

-         Wie ist der Umgang mit Computer und Fernsehen?

 

Diese Fragen führten uns in eine spannende Diskussion darüber, wie Freizeitgestaltung hier in China für die Kinder aussieht. Es wurde darauf hingewiesen , dass großer Wert auf den kulturellen Austausch gelegt wird. Ich beschränke mich hier vor allem darauf die chinesischen Wert- und Moralvorstellungen wiederzugeben – die unsrigen sind ja hoffentlich den meisten weitgehend bekannt!

Dennoch ist es so, dass für die Eltern die Zukunft der Kinder am wichtigsten ist. Das bedeutet die Kinder sollen so viel lernen und so gut abschließen, dass sie auf jeden Fall studieren können. ( In China gibt es nicht für alle Studierwilligen Studienplätze, so dass nur die Besten genommen werden) Das Hauptziel der Schule ist auch die Schüler so gut zu einem Abschluss zu führen, dass möglichst viele von ihnen an den guten Universitäten studieren können. Deshalb müssen die Schüler lernen, lernen, lernen. Als Bildungsabschluss wird letztlich ein guter Universitätsabschluss angestrebt. Das liegt auch mit daran, dass in China ein guter Berufsschulabschluss in den Augen der Eltern und der Gesellschaft gar nichts Wert ist. Ein guter hoher Bildungsabschluss wird  mit einer bestbezahlten Stelle gleichgesetzt.

Da die Schüler hier an der Schule schon sehr früh im Internat untergebracht werden sind  die Lehrer nicht nur für die geistige Erziehung zuständig, sondern auch für die emotionalen: sie müssen während der Woche Vater und Mutter ersetzen. Falls Probleme beim Kind auftauchen, werden natürlich die Eltern miteinbezogen. Auch hier ist ein guter Kontakt zur Familie sehr wichtig.

 

Diese Gespräch gab uns einen guten Eindruck von der schulischen Erziehung. Dies konnten wir dann nach dem Mittagessen noch durch den Besuch der anderen Campusteile der Schule vertiefen. Hier wurden wir sehr schnell durch fünf verschiedene Teile der Schule geführt. Angefangen bei den  Kindergärten für sie Kleinsten – die uns schon auf Englisch begrüßten!, über den Kindergarten für die älteren (ab 4!) , bis zur Grundschule, die bereits als Internat angelegt ist und die uns alle mit Liedern oder Tänzen herzlich willkommen hießen.

Nach der Rückkehr von diesem Campusausflug hatten wir noch eine knappe Stunde für die Generalprobe. Die nutzten wir redlich uns es klappte schon ganz prima.

Um 16 Uhr mussten wir den Raum verlassen , de noch vorbereitet werden sollte. Bis zum Abendessen um 17:30 Uhr war Zeit für uns! Nach dem Essen dann ging es hurtig zum Umziehen und ab in den Festsaal.

Das Begegnungskonzert begann mit dem Austausch der üblichen, höflichen Formalitäten seitens der beiden Schulen. Herr Rohde übergab u.a. die offiziellen Geschenke für die Schule.

Die chinesischen Gastgeber eröffneten das Konzert . Sie zeigten uns einige musikalische Darbietungen sowie einige szenische. Die Ansage wurde auf chinesisch gesprochen und von einem kleinen Mädchen ins Deutsche vorgetragen !

Es war recht nett anzuschauen. Was allerdings jegliche Ideen und Vorstellungen über das disziplinarische Verhalten der chinesischen Schüler angeht wurden wir zutiefst enttäuscht. Es herrschte unter den chinesischen Schüler eine dermaßen große Unruhe, dass z.T. die Vorführungen nicht mehr verstanden werden konnten. Scheinbar war niemand in der Lage diese Unruhe zu unterbinden. Das Verhalten der chinesischen Schüler war unangemessen unhöflich. Allerdings – und das ist eine wirklich gute Nachricht – boten unsere Schüler ein Super – Vorbild ab. Sie ließen sich von der Unruhe nicht anstecken, ärgerten sich selbst sehr darüber, sondern verhielten sich so, wie sie es bei unseren hauseigenen Vorführungen gewohnt sind leise. Ich finde das war eine tolle Demonstration unserer Einigkeit! Ich war richtig stolz!

Schließlich war es soweit! Unser Auftritt ließ sich nicht mehr vermeiden – und schließlich wollten es auch alle hinter sich bringen!

Ich fand wir hatten einen sehr guten Auftritt. Alles hat wunderbar geklappt. Es gab vielleicht zwei, drei kleine Patzer, die aber niemanden gestört haben und uns vor allem nicht aus dem Konzept gebracht haben!

Zum Abschluss waren wir alle erleichtert diesen Programmpunkt unserer Reise gut überstanden zu haben.

Übrigens an dieser Stelle auch mal ein ganz dickes Lob an Frau Wesemeyer! Durch ihren tatkräftigen, hartnäckigen und liebevollen, motivierenden Einsatz haben wir es geschafft uns selbst zu vertrauen und den Auftritt zu meistern: Danke!

 

 

Donnerstag, 7.4.2005

 

Heute fand ein Tagesausflug mit der gesamten Schule statt. Kaum vorstellbar, dass 2500 Schüler logistisch relativ gleichzeitig irgendwo hingebracht werden können. Aber es geht. Ziel des Ausflugs war ein alter Park, in dem vor langer Zeit Schüler studiert haben. Er ist wunderschön gelegen, auf einem Hügel mit sehr viel Bäumen, Sträuchern und felsigem Gestein. Hier kann man heute einige Gebäude besichtigen, bzw. Modelle betrachten, wie es früher hier einmal ausgesehen hat. So werden auch von einem Unterrichtsraum und der Anordnung der Sitze, der entsprechenden Sitzordnung und allen Details Modelle ausgestellt. Hier konnten die Schüler früher sicher – falls der Garten damals so angelegt war wie heute – ihre Meditation angemessen ausüben und oder Lustwandeln, falls das erlaubt war.

Hier in dieser alten Schule soll auch die chinesische Geschichte von Romeo und Julia stattgefunden haben. In einem Hof des Parks gab es eine eigens bereitete, mit rosa Teppich ausgelegten – Bühne, auf der verschiedene traditionelle Darbietungen gezeigt wurden. Unter anderem eben auch die Geschichte der beiden Liebenden. Den Besuchern des Gartens wurde viel geboten. Bei der Bühne, gab es auch gut beschattete Plätze, die bei einer Temperatur von 28 ° Grad gut frequentiert waren und uns erfreuten. Natürlich fehlte es hier auch nicht an entsprechender Lokalität. Es bleibt allerdings schleierhaft, wie diese relativ kleine Gastwirtschaft diesen unseren Heuschreckenschwarm bewältigen und konnte. Alle Teilnehmer hatten von der Schule ein Lunchpaket mitbekommen. Aber kaum hatten wir den Park betreten, wurden die ersten zusätzlich mitgebrachten Leckereien, die natürlich alle noch mal separat verpackt waren ausgepackt, rumgereicht, gegessen und sich des Mülls auf die einfache Art entledigt. Er wurde fallegelassen. Das ist hier ganz üblich, schockiert uns total, und sieht auch scheußlich aus.  Allerdings nur kurzzeitig. Die Dienstleistungsbranche hier in China versorgt u.a. auch solche Gärten mit dem entsprechenden Personal, das alles aufräumt. Die Schüler fielen, trotz der reichlich vorhandenen essbaren Dinge, die sie mithatten, dennoch über diese Lokalität her, als hätten sie nichts zu Essen dabei. Wahrscheinlich ist das normal. Es fällt vielleicht mehr auf, wenn solche Massen sich so verhalten und versuchen eine kleine Gastwirtschaft zum Bersten zu bringen.

Die „Ruhe“ bzw. das Ausruhen dort tat jedenfalls sehr gut und war erholsam. Gegen 12:45 Uhr sammelten sich alle , wie verabredet – zum Gang zum nächsten Ziel. Auf der anderen Seite der Straße ging es hinauf zum Kriegerdenkmal. Dort wurde gemeinsam mit allen eine Zeremonie veranstaltet. Zunächst wurde die chinesische Hymne gesungen (darin sind wir ja fit)  und dann wurde eine Art Kranz niedergelegt. Anschließend mussten alle um ein Denkmal einmal herumlaufen und wieder hinuntergehen. Dort ging es dann ab ins Museum. Während dessen sammelte sich schon die nächste Schülerschar irgendeiner anderen Schule um dieser Zeremonie zu folgen. (Jedes Jahr im April müssen alle Schüler Hangzhous dorthin gehen.) Im Museum waren wichtige Persönlichkeiten der chinesischen Geschichte dargestellt und beschrieben. Leider waren die Texte ausschließlich in chinesisch verfasst!

Nach ausführlicher Betrachtung der Ausstellung ging es anschließend mit dem Bus zurück zur Schule.

Der restliche Tag stand zur freien Verfügung!!!!!

 

 

Freitag, 8.4.2005, Hangzhou

 

 

Heute war der letzte Tag in Hangzhou. Erstaunlich wie bei uns das Zeitgefühl funktioniert. Einerseits sind wir erst eine Woche unterwegs. Zwar ist diese Woche so schnell vergangen, dass wir wahrscheinlich gar nicht alles werden behalten können, was wir hier Schönes erlebt haben. Andererseits haben wir nun auch so viel erlebt, dass einem die Zeit  auch länger vorkommt. Irgendwie müssen wir sie gedehnt, haben die Zeit. Denn wenn man zurückblickt erscheint es unmöglich, dass so viele Aktivitäten in so kurze Zeit hineinpassen soll. Aber es scheint ja auch funktioniert zu haben.

Obwohl die Zeit hier wunderschön war, freuen wir uns auf das, was vor uns liegt. Wahrscheinlich wird die kommende Woche noch anstrengender für als diese, aber dafür etwas abwechslungsreicher und mit weniger Öffentlichkeit und offiziellen Terminen.
Aber nun zurück zu heute morgen: Die Schüler gingen , wie gewohnt, in ihre Klassen. Die eltern nutzten den unverplanten Vormittag zu einem verstohlenen Ausgang in die schon erwähnte Gasse. Dort war es wundervoll. Es ging über einen Markt in einer Markthalle. Dort gab es die wunderbarsten und leider auch scheußlichsten Sachen zu sehen. Das Gemüse z.B. in einer solch prächtigen Vielfalt und Frische einerseits sowie Schildkröten in Netzen (lebend, versteht sich und ohne Wasser) oder Frösche, die bei lebendigem Leib ausgenommen wurden andererseits. Aber die Atmosphäre dieses Marktes war genau die, die wir bisher vermisst hatten. Das leben live sozusagen. Die arbeitsame Geschäftigkeit und die Lebendigkeit (abgesehen vom toten Fleisch natürlich) zu erleben und zu spüren empfanden wir als etwas Wunderbares. Die Händler an den Ständen war sehr offen und freundlich und begegneten uns wie die meisten Chinesen, die wir bisher getroffen haben äußerst offen und freundlich. Hier gibt es tatsächlich noch ein Hangzhou hinter oder sogar inmitten der neuen Hochhausfassaden, von dem man sonst nichts mitbekommt. Nach außen wirkt Hangzhou eher sehr modern und büromäßig.

Ein Teil der Gruppe ging anschließend in den Supermarkt einkaufen. Das muss sehr lustige gewesen sein, da niemand vom Personal auch nur ein Wort Englisch konnte. So verständigte man sich mit Händen und Füßen und mit Bildern , die eifrig auf Papier gemalt wurden um z.B. aufzuzeichnen, dass man gerne Reiswein kaufen möchte. Immerhin war es erfolgreich. Am Schluss waren allen zufrieden über den gelungenen Einkauf und gut gelaunt über die Fähigkeit der geglückten Kommunikation.

Der andere Teil der Gruppe blieb in dem Gässchen und schlenderte die einzelnen kleinen Gewerke ab, die sich dort in den garagengroßen Erdgeschossen der kleinen Häuser offensichtlich schon lange befinden. Alles, das gesamte Tun und Arbeiten findet bei weit geöffneten Türen statt, so dass jede und jeder direkt dabei ist. Es gibt auch hier so gut wie keine Privatheit .Bei uns würde man von Distanzlosigkeit sprechen; unsere Intimsphäre würde verletzt werden.

(das Thema Scham kommt ja besonders bei der Benutzung der Schultoiletten zum Tragen: hier findet Scham überhaupt keinen Raum, keinen Schutz. Auf sechs Stehklos (oder Hockklos), die ohne Türen gemeinsam in einem Raum untergebracht sind, seine Wasser und andere Dinge von sich zu lassen ist doch den meisten von uns recht schwer gefallen.)

 Bei den Handwerksbetrieben war das natürlich nicht unangenehm, sondern erschien eher als ein Zeichen von Offenheit. Niemand hat hier etwas zu verbergen. Man lässt einander am Leben teilnehmen und versieht dabei seine Arbeit. Es gab Schneidereien (wohlgemerkt: die Räume waren ca. 15 – 20 qm groß!), Barbiere, Frisöre, Schreiner, Metallbetriebe, Handyläden, Elektroläden, einen Arzt ( bei dem es genauso offen zuging!) und einige andere Gewerke. Das war ein Hangzhou, das wir sehen wollten. Was ist mit den Menschen, wie leben sie hier traditionell. Wenn man sich allerdings anschaut, wie dicht die Wolkenkratzer oder Hochhäuser schon an diesen Bezirk herangewachsen sind, traut man sich kaum zu frage, wie diese Gasse wohl in zehn Jahren aussehen wird und was mit den Menschen passiert. Uns erschienen sie hier und jetzt zufrieden! Auf alle Fälle waren wir es nach dieser eindrucksvollen Tour auch.

Zurück in der Schule gab es die Möglichkeit gemeinsam mit den Kindern i-n die Lehre des Tai Chi hineinzuschnuppern. Ein Tai-Chi-Lehrer zeigte seine Künste zunächst und bemühte sich anschließend darum allen Willigen diese Übung beizubringen. Hier konnte alle sehen, wie schwierig die Übungen, die so leicht aussehen, tatsächlich sind. Danach gab es für die Kinder die Chance ein wenig am Gong Fu-Unterricht teilzunehmen.

Nach dem Mittagessen stand für die Kinder Sport auf dem Programm. Die Erwachsenen durften, gemeinsam mit Lehrern der Schule, einen Gang durch die Kulturstraße machen. Hier konnte nette Geschäfte besucht werden.

Zurück in der Schule war die offizielle Unterzeichnung des gemeinsamen Protokolls der beiden Schulen vorgesehen. Vor der Fernsehrkamera begrüßten sich die beiden Schulleiter (noch einmal!), tauschten ihre Wünsche und Hoffnungen aus, und unterschrieben dann einen gemeinsames Protokoll, dass vorsieht, dass sich die Schulen weiterhin um gegenseitigen Austausch bemühen und unter anderem schon mal damit beginnen, indem sie Lehrmittel austauschen. Dieses unterschriebene Protokoll wurde dann feierlich jeweils dem anderen übergeben. Im Anschluss an diese Zeremonie wurden einige Eltern und Schüler zu ihren Erfahrungen mit dem Austausch befragt.

Bis zur Abschlussfeier um 18 Uhr war Freizeit. Hier gab es eine großes Büfett mit köstlichen chinesischen und deutschen Speisen und natürlich noch einmal kurze Ansprachen. Nach netten Gesprächen mit den Gasteltern und den Lehrern endete die Abschiedsfeier.

Die Letzte Nacht in Hangzhou! Ab nach Hause, versuchen all die Dinge, die wir jetzt haben, in den Koffer hineinzuquetschen!

 

 

Shanghai, 2005-04-09, Samstag

 

So heute nun war die Abfahrt von Hangzhou. Es hat bittere Tränen gegeben. Abschied nehmen ist nicht einfach. Immer wieder neu muss er gelernt werden. Vielleicht verbinden wir damit zugleich vergessen? Oder Nimmerwiedersehen. Aber wenn alles so klappt wie geplant, wird es weiterhin eine Zusammenarbeit mit der Guotai - Schule in Hangzhou geben. Auch wurden jede Menge herkömmliche und e-mail Adressen getauscht,. Es wird sicher einen regen Austausch geben, auch wenn der nicht immer persönlich sein wird. Abschied bedeutet aber nicht zugleich Vergessen der Erfahrungen , Vergessen der Freundschaften, Vergessen werden. Dennoch sollte jeder und jedem zugestanden werden, für sich einen eigenen Abschied – auch wenn er noch so traurig ist – vorzunehmen.

Jedenfalls fuhr der Bus dann doch tatsächlich irgendwann los und verlängerte zumindest nicht noch über alle Maßen hinaus das Abschied nehmen. Geplante Abfahrt war 8 Uhr. Tatsächliche Abfahrt 8:45 Uhr. Die Verzögerung kam nicht nur die verspätete Anreise der Hotelübernachter und durch das verspätete Eintreffen des Busses zustande, sondern auch durch das erschwerte Verstauen, der sich auf wundersame Weise vermehrten oder vergrößerten Koffer. Wir reisen nun mit einem, für und neuen, Reiseführer, Herrn Zhou, der sehr gut Deutsch spricht.

Leider dauerte die Fahrt nach Shanghai doch drei Stunden, da auch heute der Verkehr nicht gerade dünnflüssig war.

Schon weit vor Shanghai ( 16 Mio. Einwohner) begann der vorstädtische Großstadtcharakter. Und schon bald erreichten wir Shanghai und sahen Wolkenkratzer über Wolkenkratzer. Herr Zhou erklärte uns, dass es in Shanghai mehr als 1000 ( tausend) Hochhäuser gibt, die mehr ale zwanzig Geschosse haben. Zwischendrin und dennoch nicht unscheinbar gibt es richtige Häuser! Teilweise alt und fast verfallen. Doch ehe sie verfallen, werden sie sicher einem neuen Wolkenkratzer Platz machen. Verrückte tw. absurde Bilder erschlossen sich unseren Augen. So z.B. schier unendlich lange Hochstraßen, die den Verkehr lenken, unter deren Brücken reger Markthandel an üblichen kleinen Ständen getrieben wird; das wirkt schon bizarr. Immer mal zwischendrin, bei genauem Hinsehen konnte man auch einige Bäume oder kleine Parks ausmachen.

Hier – in dieser Welt der Hochhäuser und des Verkehrs - angekommen, besuchten wir zunächst ein bekanntes Restaurant, in dem die Gäste von der Bedienung mit Rollschuhen bedient werden. Das Essen  war ganz in Ordnung, wenn man bedenkt, dass dieses Restaurant sehr groß ist und eine Unmenge Leute in sehr kurzer Zeit durchschleust (oder abfüttert!).

Anschließend checkten wir im Shanghai Ganghong Hotel ein. Redlich genutzt wurde von vielen das Bad! Endlich eine richtige Toilette, eine Tür und – welch Luxus – eine Badewanne.

Allerdings ging die Tour bereits um 14 Uhr zur nächsten Station. Wir fuhren gemeinsam  in das Shanghai Museum. Dort gibt es verschiedene Abteilungen, u.a.  Keramik, Kaligraphie, Jade, Bronze und Textil. Wir hatten ca. anderthalb Stunden Zeit uns die Abteilungen anzusehen, die uns interessierten. Hier sind in den verschiedenen Abteilungen wunderbare, auch sehr alte, Ausstellungstücke zu sehen.

Im Anschluss daran fuhren wir zur NanxingStreet, einer berühmten Einkaufsstraße in Shanghai. Was man hier erleben kann, ist zwar einerseits sehr eindrucksvoll – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes; denn die Basarverkäufer ließen keine Gelegenheit aus, uns zum Kauf von irgendwas zu animieren, notfalls auch mit körperlichem Einsatz – andererseits auch so unangenehm, dass wir möglichst schnell wieder aus diesen Gassen heraus wollten – es war wirklich distanzlos und absolut lästig...

Wieder um eine Erfahrung reicher, zogen wir – gesammelt und geordnet am vereinbarten Treffpunkt eingetroffen – gemeinsam zum wartenden Bus und ab ging es zur nächsten Restauration zum Abendessen. Diese Massenabfertigung, laut, schnell, professionell und zielgerichtet (auf den Tisch) , braucht man nicht unbedingt zweimal täglich, obwohl uns eine Tanzshow und Karaoke zusätzlich kostenlos geboten wurden. Aber notfalls lässt sich auch darauf verzichten!

Nach dem Essen fuhren wir zum Shanghaier Fernsehturm. Er ist der dritthöchste Fernsehturm der Welt und wohl das zur Zeit zweithöchste Gebäude in Shanghai. Wir fuhren mit dem Aufzug bis zur zweithöchsten Station hinauf und hatten trotz des trüben, regenreichen Wetters, welches leider heute Nachmittag einsetzte, einen schönen Blick auf die anderen, nächtlich beleuchteten Häuser, Straßen und Flüsse. Es war fantastisch dieses enorme Treiben und Leben dieser Stadt von oben zu sehen und erleben zu dürfen. Hier zeigte sich mir wieder einmal welch unsagbares Glück wir haben, hier sein und dies alles so gigantisch und hautnah erleben zu dürfen. Widersprüche in sich: die Großstadt, die beleuchtet wird ohne Ende, ohne Rücksicht auf Verluste, dessen eingedenk dennoch die Schönheit dessen genießen zu können.

Leider reichte die Zeit nicht dies noch länger aufnehmen zu können. Schon, in blitzeschneller Windeseile war die Stunde um, die uns dafür gegeben wurde. Schade!

Darüber war bereits es halb zehn geworden und der Bus brachte uns heil und ausgelassen ins Hotel zurück.

Dieser Tag wurde noch einmal von den „Ab – Oberstufenschüler - Menschen“ begossen und spät beendet!

 

 

 

Shanghai, 10.4.2005 , Sonntag

 

Das Liebesleben der Busfahrer zu ihrem Bus ist ein Kapitel, dass einmal aufgeschlagen werden muss. Nun ist das Autofahren hier  - wie schon beschrieben – außerordentlich anders, als wir es gewohnt sind. Bus zu fahren ist jedenfalls noch mal anders...Es bedarf einer guten konstitutionellen Verfassung als „Beifahrer“ und oder in den ersten Reihen zu sitzen. Da kann einem das Atmen schon zwei bis dreimal pro Stunde vergehen. Knapp, eng, hauchdünne Abstände treffen nur annähernd die Realität. Warum sollen Abstände eingehalten werden, das vergeudet nur Platz, den schnell jemand anders für sich zu nutzen weiß. Die Busfahrer beherrschen ihre Busse in einer Vollkommenheit, manchmal scheint es so dass beide eins wären. Busfahrer und Bus. Sie bilden einen Einheit, die unzerstörbar ist. So ist dem Busfahrer kein Einfahrt, keine Kurve, Keine Drehung zu eng, als dass sie nicht benutzt oder ausgeführt werden könnte. Auch scheint der Busfahrer zu glauben, wir seien nicht in der Lage ein paar Schritte mehr zu laufen als nötig; denn er fährt immer so nah wie möglich an die Stellen heran, die besichtigt werden sollen. Auch dann, wenn offensichtlich ist, dass kein Platz für ihn da ist, muss das sein. Heute schloss er sogar noch einmal die Türe als schon einige ausgestiegen waren und setzte seinen Bus noch einmal ein paar Zentimeter näher an den Bordstein. Die Zeit, die beim Einparken  draufgeht, könnte man schon wieder für einen netten shopping-trip nutzen!

Apropos shopping– trip: Hier lernt man völlige neue Dimensionen beim Kaufen kennen und verschüttete Ursüchte in uns. Also Kaufen in den Gassen und auf den Märkten funktioniert nach der Methode, dass der Händler (dt: Substantiv von handeln!) einen ziemlich utopischen Preis vorgibt und zwar unter zu Hilfenahme eines Taschenrechners. Er (sie) gibt dort den Preis ein, den sie in die erste Verhandlungsrunde werfen. Nun ist die Aufgabe des Käufers zu sagen oder zu zeigen, dass das ja wohl vollkommen überhöht sei, indem man den Kopf schüttelt, lacht oder sogar versucht zu gehen. In jedem Fall  ist es wichtig, kein übergroßes Interesse am Kaufobjekt zu zeigen. Nun deutet der Händler an, man solle doch selbst einen Preis vorschlagen. Je niedriger der Preis desto mehr lacht wiederum der Händler.... Dies geht jetzt so lange weiter bis sich der Käufer entschieden hat entweder wirklich zu gehen oder aber einen Preis akzeptiert. Nicht selten kommt es aber vor, dass der zuerst angegeben Preis der Käufers auch akzeptiert wird, wenn der auf das Lachen und Kopf schütteln der Händlers signalisiert zu gehen. Das ist dann allerdings meist ein sicheres Zeichen dafür, dass man immer noch zu viel bezahlt! Also hier herrschen tatsächliche Basarzustände. Da das Handeln für uns aber erst mal sehr ungewohnt ist, sind wir wahrscheinlich viel zu früh zufrieden; andererseits scheint es allen auch viel Spaß zu machen – das kaufen nimmt kein Ende. So machen alle irgendwie einen Gewinn. Der Händler, weil er tatsächlich an uns verdient (was man bei den Preisen, die man letztlich bezahlt, kaum glauben kann) und wir, weil wir absolut sicher sind ein Superschnäppchen gemacht zu haben. Die Konsequenz ist : Wir lassen unser Geld hier in China, kaufen weitere Koffer, in denen dann wieder Platz ist für weitere Einkäufe......Na ja, ganz so schlimm ist es nicht. Dennoch, Handeln gefährdet unsere Gesundheit! Handeln kann süchtig machen! Das Beste passiert allerdings erst im Bus oder spätestens im Hotel, wenn alle ihre Errungenschaften zeigen und jeder für sich absolut sicher ist den bestmöglichen Preis herausgeschlagen zu haben. Das ist wie ein Wettkampf, bei dem der gewinnt der die meisten Prozente runterhandeln konnte! Das erinnert einen stark an Kirschkernweitspucken oder.....!

Aber außer diesen Begebenheiten haben wir heute tatsächlich auch noch anderes erlebt. Nach dem Frühstück fuhren wir mit dem Bus nach Pudong. Das ist ein völlig neues Viertel in Shanghai, in dem auch der Fernsehturm und das Jin Mao Gebäude stehen. Hier wurde noch vor zehn Jahren Reis auf den Feldern geerntet!  Hier befindet sich auch der Ausgangs- oder  Endbahnhof für die 30 Kilometer lange Transrapidstrecke zwischen Pudong und dem Flughafen von Shanghai. Mit diesem Zug sind wir hin und zurück gefahren. Für eine Strecke benötigt der Zug 7 Minuten und 26 Sekunden. Er erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 431 km/h. Es ist wirklich ein Erlebnis! Hoffentlich wissen alle zu schätzen, welch phantastische Dinge wir erleben!

Im Anschluss an diese kurze Reise ging es an die Promenade gegenüber von Pudong. Hier konnte geschlendert und natürlich mit fliegenden Händlern gehandelt oder einfach geschaut werden. Manche wurden auch bestaunt und fotografiert.

Hernach waren wir zu Gast in einem Fresstempel, in dem es zuging wie auf dem Oktoberfest. Reinste Massenabfertigung, mit geringer Qualität.

Nach dem Essen fuhren wir in die Shanghaier Altstadt, wo es zunächst in den berühmten Yu- Garten ging, der vor über 450 Jahren angelegt wurde und mitten in der Altstadt liegt. Er ist nicht sehr groß, ca. 2 ha, aber schön angelegt und mit vielen kleinen Pagodenhäuschen versehen. Wer sich dort sattgesehen hatte, konnte bis 17 Uhr durch die Altstadt schlendern und dem oben beschriebenen neuen Sucht nachgehen oder sich einfach nach Belieben erfreuen.

Das Abendessen fand nach kurzer Fahrt in einem großen Restaurant statt ( s.o.). Erschöpft kehrten wir ins Hotel zurück.    

 

 

 

Suzhou, 11.4.2005, Montag

 

Pünktlich aufzubrechen fällt und schon noch etwas schwer; heute hätten wir es fast geschafft, als dann doch noch eine Kamera vermisst wurde aber dann glücklicherweise noch auf dem Zimmer gefunden wurde. Wir können alle nur lernen, noch besser zu werden.

Bei kühlem Regenwetter ging die relativ kurze Fahrt (1,5 Std.) in die alte Kulturstadt Suzhou. Hier angekommen checkten wir im Hotel ein um uns gegen 12 Uhr wieder am Bus zutreffen. Die Fahrt ging natürlich zum Essen! Im Anschluss daran fuhren wir zur Panmen Brücke. Dort befindet sich eine alte Stadtmauer, ähnlich wie wir sie von alten deutschen Städten kennen. Das Besondere daran ist, dass man hier vom Kaiserkanal aus durch ein Tor in eine Warte oder so etwas mit dem Boot hineinfahren kann. Dieses Penman –Gebiet ist schön anzuschauen.

Von dort aus ging es mit dem Bus in die Altstadt.

Einige hatten schon gar keine Lust mehr auf Altstadt bei der Vorstellung schon wieder Händlern ausweichen zu müssen und sich durch Menschenmassen zu quetschen. Zum Glück kam dann alles  ganz anders. Wir sind zwar in die Altstadt hineingegangen, aber es waren weder Menschenmassen noch Händler zu sehen. Es war erholsam sich die alten Häuser in relativer Ruhe anzuschauen. Diese Häuser sind sehr alt, alles wirkt sehr malerisch und traut.

In einer Nebenstraße besuchten wir ein altes Haus eines ehemaligen hohen und offensichtlich sehr reichen Beamten. Dieses Haus umfasste mehrere Häuserteile, war also eher ein Häuserkomplex. Es gab hier Bereiche in denen die Männer ihre Besucher empfingen, es gab Bereich in denen Frauen ihre Besucherinnen empfingen, ein kleiner Teil war für die Mädchen bestimmt, ein weiterer für die Konkubinen des Hausherren... Es gab einen kleinen Innenhof, in dem sich ein Park befindet, der sicher der Entspannung diente. Im Haus war eine Art Museum untergebracht. So konnte einige alte Bilder , Reliefs, Modelle der Anlage und ein Modell der Altstadt angeschaut werden. Dieses sah so aus, dass es per Holographie so schien als ob tatsächlich kleine Menschen sich in den Straßen bewegten, miteinander plauderten, Dinge verkauften oder ein Fest feierten. Das sah total supertoll aus.

Unsere speziell für Suzhou zugeteilte Stadtführerin sorgte dafür, dass alle Reisegruppenmitglieder mit der speziell in Suzhou hergestellten Süßigkeit abgefüllt wurden. Hierbei handelte es sich um eine mit Fleisch gefüllte Teigtasche, die scheinbar in Öl gebacken wurde. Nun kann man sich ja denken, dass so etwas leicht tropft und schmiert. Aber dessen ungeachtet brachte unsere Reiseführerin diese Spezialität in dieses Museum hinein und forderte uns nun auf es zu essen. Bei der Vorstellung , wir würden in Deutschland mit einer Tüte Pommes-Majo in ein Museum hineingehen – bei dem , wie hier, noch nicht einmal die alten Seidenbilder hinter Glas gehängt sind –  wurde uns ganz anders. Das hinderte uns aber nicht daran zu essen und auch entsprechende Fettflecke auf dem schönen Steinboden zu hinterlassen......Der Umgang in China damit scheint kein Problem zu sein. Ist das nun Leichtsinn  oder Vertrauen?

Der Suzhou Rundgang endete für uns mit einer Dschunkenfahrt auf dem Kaiserkanal. Sie führte uns ein kleines Stück am Ufer längs und zurück. Über Sinn oder Unsinn einer solchen Bootsfahrt lässt sich sicher streiten; unter dem Aspekt einmal 45 Minuten nicht getrieben zu werden aber gar nicht so schlecht. Der Kanal ist hier nicht sonderlich breit, vielleicht 10 Meter und diese Dschunken treiben gemächlich darüber. Man kommt also nicht weit in kurzer Zeit. Aber es gehört zum Programm und das ziehen wir tapfer durch.

Jedenfalls fuhren wir nach der Bootsfahrt zum .....Essen!

Es wurde uns eine chinesische Vorführung als Zusatzprogramm wärmstens empfohlen, für das sich einige entschieden hatten. Es sollte chinesische Akrobatik und traditionelle Musik aufgeführt werden. Allerdings stellte sich -  nachdem wir zum Aufführungsort gefahren waren um dort Karten zu kaufen, heraus, dass es in dieser Woche gar keine Vorführung geben wird. Statt dessen empfahl uns unsere Reiseleiterin Massagen in unterschiedlichen Varianten und diversen Massagesalons.... Nun das Angebot wurde dann unsererseits nicht angenommen. So kam es dazu, dass in der Lounge des Hotels mehrere Kinder und Erwachsene gemeinsam spielten. Herr Schäfer, als Spieleprofi, hat natürlich Material dafür mitgebracht. Das war ein schöner Tagesabschluss!

Noch ein Hinweis: Uns geht es allen ganz gut! Wir genießen die Zeit, auch wenn es sehr anstrengend ist und wir uns manchmal mehr freie Zeit wünschen.

 

 

Wuxi, 12.4.2005, Dienstag

 

Von hier nach da, von dort nach hier. Oder ging das „heute hier morgen dort anders“?

Es ist total schwierig sich richtig zu erinnern. Wo waren wir eigentlich  gestern? Was haben wir gemacht? Welchen Tag haben wir eigentlich heute? Waren wir schon im Hotel und wenn ja haben wir schon einmal dort geschlafen oder nicht? Fragen dieser Art beschäftigen uns immer wieder. Es scheint fast so als seien wir zeitlos. Alles ist da und dennoch total unwirklich. Sind wir tatsächlich erst 12 Tage unterwegs? Wir haben soviel schon gesehen und erlebt, das passt sonst locker so in 6 Monate rein. Wir sind da und doch woanders, sind hier und schauen verwirrt um uns. Es lässt sich schwer beschreiben; sicher ist jedoch das unberechenbare aber glückliche Empfinden.

Tja, was haben wir also heute gemacht? Obwohl es heute war fällt es schwer sich zu erinnern.
Außerdem hatte ich mir vorgenommen doch noch mal ein paar Worte über „guanxi“ und Kaffeefahrten fallen zu lassen. Also, guanxi ist chinesisch für Beziehung. Das ist bei uns so was wie Vitamin B. Also man verschafft sich –zumindest in der Familie und im engsten Freundeskreis -  gegenseitig Aufträge und hilft sich.... Seltsamerweise haben unsere Guides immer irgendwo  gerade einen Onkel, Vater, Bruder ... sitzen, denen sie gerne ein paar deutsche Zahlungsbereite schicken. Immer mal wieder wird uns was Nettes angeboten..

Schon sind wir beim Thema Kaffeefahrten. Im Anschluss an unsere Besichtigungstouren finden stets Einkaufsmöglichkeiten statt. Irgendwie kommt man sich vor wie auf einer Kaffeefahrt. Die Rheumadecke mit der Butter lässt sich hier beliebig durch das Produkt ersetzen,, dessen Herstellung wir zuvor gesehen haben. Das ganz Drumherum stimmt auch: Immer wieder werden wir in en Bus gescheucht ein Stück durch die Gegend gefahren, irgendwo herausgelassen, natürlich in unmittelbarer Nähe des Werkseingangs. Nach Abschluss aller Geschäfte wieder eingeladen.....

So, der Tagesverlauf: Am Morgen fuhren besichtigten wir in Suzhou noch einen der vielen berühmten Gärten, den Löwengarten. Er heißt so, weil er unter zu Hilfenahme von Kalksteinen  angelegt wurde. Aus den löchrigen Formationen lassen sich angeblich  Löwen erkennen. Dieser Garten wurde von einem beamten angelegt, de auch sein großes Wohnhaus darin hatte. Die Steine sind so geschickt aufgestellt worden, dass sie einen richtigen Irrgarten bilden. Einer Geschichte zufolge soll ein Kaiser aus der Tang-Dynastie sich hier einmal versteckt haben. Er konnte über zwei Stunden unentdeckt bleiben! Das will etwas heißen, wenn man bedenkt, wie aufwändig Kaiser sicher gekleidet waren.

 Wir hatten sogar Zeit, den Garten auf eigene Faust zu erkunden und an individuell ausgesuchten Stellen zu verweilen oder ihn zum Toben und Verstecken zu nutzen.

Anschließend führte uns die Busfahrt nach Wuxi.

Wir checkten hier im Hotel ein und fuhren zum Essen. Ein erster Ausflug zum Tai-See, einer der vier größten Seen Chinas, ließ uns Zeit einen Spaziergang zu machen oder einfach am Ufer zu sitzen oder zu spielen oder, oder.

So viel Freizeit!

Um 15:15 Uhr ging es dann zur Perlzuchtfabrik (s.o.).Wir konnten erleben, wie die Perlen gezüchtet werden und wie sie „geerntet“ werden. Ein Muschelobjekt wurde von Herrn Rohde mit Sorgfalt präpariert, um es der Schule als Anschauungsobjekt mitzubringen.

Einen Einblick in die Altstadt von Wuxi konnten wir nach dem Besuch eines Kloster bekommen. Zum Glück hielt sich hier die Aufdringlichkeit der Händler in Grenzen. Allerdings fällt auf, dass die Zahl der Bettler stark zunimmt. Die sind manchmal sehr aufdringlich und zupfen einem am Ärmel, .laufen uns nach und verlangen Geld. Und dergl.

Der Busfahrer brachte uns gegen 18:30 Uhr zum Abendessen in ein Restaurant, bevor es zurück ins Hotel ging. Die Schüler schrieben noch gemeinsam ihre Berichte und anschließend wurde noch gemeinsam gespielt. Das ist im Übrigen der Vorteil der gemeinsamen Unterkunft: Man kann mehr miteinander machen und das schafft noch einmal eine ganz neue Gruppe, mit neuen Strukturen und gegenseitigem Kennen lernen.

 

 

Wuxi, 13.4.2005, Mittwoch

 

Juchu, wir haben es geschafft! Wir sitzen und liegen tatsächlich mit (hoffentlich) all unseren Koffern im Zug. Wir haben mit deutscher Gründlichkeit geplant und es genauso durchgezogen. Warum das so wichtig ist?  Nun wir sind ja wie bekannt 35 Personen. Wir schleppen insgesamt ca. 100 Gepäckstücke durch das Land und hatten genau 4 (vier!) Minuten Zeit, um uns und  alles Gepäck im Zug unterzubringen. Gut ausgearbeitet war der Plan bereits, wer wann wie einsteigt und wo, wer draußen bleibt die Koffer anreicht etc.  Abgenickt und verstanden von allen Tatkräftigen, wurde dieser Plan noch einmal umgeworfen als wir erfuhren, dass gar nicht alle Abteile im Waggon für uns reserviert sind, sondern dass wir auf drei Waggons verteilt sind. Aber, Flexibilität haben wir ja in den letzten 13 Tagen geübt, damit lösten wir auch dieses neue Problem. Beim Einsteigen stellte sich heraus, dass auch dieser Plan scheitern musste. Eine der beiden Waggontüren ging nicht auf.

Also mussten die bereits strategisch günstig an den Eingangstüren verteilt aufgestellten Koffer zu dieser einen Tür gebracht werden!  Offensichtlich schien der Lokomotivführer auch leicht Panik zu kriegen, da er mit stets lauter werdendem Klang die Hupe erschallen ließ; wohl in der Hoffnung  dass das Einsteigen so beschleunigt werden kann. Und von hinten drückten die Schaffner die Koffer nach. Leider ging es im Zug mit der Verteilung der Koffer nicht schnell genug.

Wir haben für diese ganze Einsteigsession genau  min 3:37 benötigt. Wir können doch mit Fug und Recht behaupten, das gut gemanagt zu haben. Als wir am Bahnhof ankamen schien es so, als seien wir die Attraktion in Wuxi. Eine Karawane von Langnasen mit Unmengen Gepäck. Wie ein Treck zogen wir über den „Bahnhofsvorplatz“ in den Bahnhof ein. Hier staute es zunächst deshalb, weil alle Gepäckstücke durchleuchtet werden mussten. Dafür – und wir waren ja auch nicht die einzigen Reisenden! – gibt es hier in Wuxi genau ein Gerät! Über eine Rolltreppe erreichten wir den Wartesaal, der hier auch noch als solcher benutzt wird; denn man kann nur dann durch die nächste Sperre gelangen, wenn die Zeit bis zur Abfahrt des entsprechenden Zuges nicht mehr sehr lang ist. Dafür stehen dann an den Ausgängen des Wartesaals Bedienstete bereit, die die Sperre öffnen. Nun  war auch das bewältigt. Schon tauchte eine nicht eben kurze steile Treppe auf, die wir mit  Sack und Pack hinabgehen mussten. Wer von den Chinesen unsere Enterung des Bahnhofs und des Gleises miterlebt hat, könnte befürchtet haben, dass wir uns hier ansiedeln wollen.

Aber – wie gesagt- wir sind im Zug und sind jetzt auf die Nacht gespannt. Wer wird schlafen? Und wenn wie und warum?

Der Tag hatte aber noch andere Facetten zu bieten.

Am Morgen besuchten wir zunächst die Filmstadt in Wuxi. Hier angekommen sah der Busparkplatz aus, als wäre er der Busbahnhof von Shanghai. Das gab eine ungefähre  Vorstellung von dem, was uns erwarten würde. Aber es kam noch schlimmer! Massen von Menschen, zuerst dicht gedrängt, zumindest die weiblichen, auf dem Damenklo ( oder gemauertem Donnerbalken). Dann umschlossen alle ein stadiongroßes Feld  um der „abenteuerlichen“ Kriegsvorführung zuzuschauen.

Nach der Vorführung ergoss sich diese Menschenmasse, einem Lavastrom gleich hinab zum nahe gelegenen Tai-See. Hier wurde die Masse in Klümpchen geteilt und auf mehrere (viele) große auf alt gemachte Dschunken verteilt. Die folgende „Rundfahrt“ auf dem See hätte keiner wirklich gebraucht!

Immerhin verkürzte sie die Zeit bis zum Mittagessen.

Nachmittags stand „der Garten der Ergötzung“ auf unserm Plan. Hier konnten wir wieder eine schöne Anlage besichtigen. Der sich anschließende Besuch des nahe gelegenen Parks wurde unterschiedlich genutzt: Tretbootfahren, Spaziergang, Erklimmen der Pagode (290) Stufen.

Als auf die Abfahrt des Busses warteten ergab sich noch eine erwähnenswerte Begebenheit. Wir saßen auf den Steinen, tranken unsere Wasserflaschen, als ein älterer Mann uns gegenüber Platz nahm und auf der Zwei-Saiten-Geige zu spielen begann.  Wir wurden neugierig, ließen uns das Instrument zeigen und durften es  spielen.  Felix Szilàgyi konnte dem Instrument immerhin ein paar Töne entlocken.  Es erwies sich als nicht ganz so einfach.

Zu den schönen Klängen, die der Mann seinem Instrument entlockte begannen wir zu singen; denn die chinesische Nationalhymne können wir ja nun. Dann spielte er noch „Freude schöner Götterfunken“ und die „Internationale“! Wir versuchten ihm unsere chinesische Version von „Tschi Lai“ beizubringen. Bald gesellte sich ein weiterer älterer Mann hinzu, der zu der Musik des Spielers sang. Die Noten, nach denen hier gesungen wird sind komplett anders als unsere. Auf Anhieb war es uns nicht möglich zu erkennen, wie das Notensystem funktioniert. Wir fanden , dass dies ein toller Beitrag zur Völkerverständigung war. Musik verbindet!

Beim Abendessen war allen die Nervosität anzumerken, ob alles mit der Abfahrt klappt! S.o.

 

 

Peking, 14.4.2005, Donnerstag

 

Die Zugfahrt wurde von den meisten als angenehmer empfunden, als erwartet. Immerhin war es möglich zu schlafen. Auch wenn nicht für sehr lange. Ganz langsam tauchten aus den Schlafabteilen die verschlafenen Gesichter der Marburger auf. Unser Frühstück bestand aus etwas Wasser (aus der Flasche) zwei Muffins und etwas undefinierbarem, dass auf 15 cm in eine fingerdicke Form gepresst worden war. Manche meinten es könne sich um Wurst handeln. Vereinzelt wurde auch der Speisewagen aufgesucht.

Eine Beobachtung nebenbei: Das körperliche Erleben einer Zugfahrt ist vollkommen anders, als das Reisen mit dem Flugzeug. Mit dem Zug kann der Körper beobachten, wie die Landschaft vorbeizieht, dies dann aufnehmen und gleichsam mitreisen. Man „sieht“ die Reise und erlebt sie daher mit den Sinnen. Beim Fliegen hingegen kann man zwar von weit oben Landschaften ausmachen, aber sie werden eben „überflogen“; es geht so schnell, dass die Seele einige Zeit braucht, dort anzukommen, wo der Leib sich schon befindet. 

 

Das Aussteigen wurde erneut gut organisiert und klappte hervorragend. Die Koffer-Karawane zog in  einer langen Reihe durch  den Pekinger Hauptbahnhof, hinaus zum Parkplatz. Aber die schlappe 300 Meter bewältigten wir, geübt, akrobatisch tadellos. Der neue Busfahrer durfte sich gleich bewähren: würde er es schaffen, unsere Koffer unterzubringen? Na ja, er bekommt  am Sonntag eine zweite Chance!

Im Hotel angekommen, hatten wir eine Stunde Zeit uns zu erfrischen. Die Katzenwäsche im Zug, sofern sie überhaupt stattgefunden hat, reichte einfach nicht aus.

Peking hat zur Zeit ca.13 Mio. Einwohner. Der Großraum Pekings ist etwa so groß wie Thüringen.

Auf der Fahrt zum Sommerpalast wurden uns einige Besonderheiten der Stadt erklärt. Es sind z.B. fast alle alten Bestandteile der Stadtmauer sowie viele alte Häuser zerstört worden.

Der Sommerpalast umfasst ein riesiges Areal, mit einem wunderschön angelegten Garten, der an einen See grenzt. Ein wunderschöner, mit bunten Bildern verzierter langer überdachter, 724 Meter langer Gang, ermöglicht(e) wetterunabhängiges Flanieren.

Nach ausgiebiger Besichtigung und Betrachten der ausgestellten Bilder und Objekte, die fast alle keine Originale sind. Das Meiste, was wir besichtigen, auch die „alten“ Möbel und Gegenstände sind auf alt nachgemacht, da die Originale in der Kulturrevolution zerstört worden sind. Die Vorstellung ein ganzes Volk ist um seine Kulturschätze beraubt worden, gruselt einen. Zum Thema Kulturrevolution werden wir vielleicht noch einige Ausführungen hören.

In der Abenddämmerung besuchten wir den Tian an Men Platz., den Platz des himmlischen Friedens. Es handelt sich um das riesige Mao-Mausoleum, eine große Säule, die zu Ehren der Widerstandskämpfer gegen die Japaner errichtet wurde, sowie ein „Turm“ der von Mao unter anderem dazu benutzt wurde Besucher würdig zu empfangen und um Paraden abzuhalten.

Das große Areal, auf dem dies steht wird Tag und Nacht bewacht. Militärpräsenz. Bei Nacht also sobald es dunkel ist, darf niemand mehr auf diesen Platz. Das ist immer so und hat nichts mit der momentanen politischen Situation hierzu tun. Alle Menschen, die sich abends noch hier aufhalten, werden bei einsetzender Dunkelheit des Platzes verwiesen. Menschenmassen strömen dann zu den „Ausgängen“.

Wir nutzten dies, um das Restaurant aufzusuchen, in dem wir Peking-Ente aßen. Nun können wir immerhin sagen, am Platz des Himmlischen Friedens schon einmal Peking-Ente gegessen zu haben. Hört sich doch gut an.

Nach diesem langen, für alle anstrengenden Tag, die Kleinen begannen zu schwächeln, waren alle froh, früh ins Bett zu kommen.

 

 

Peking, 15.4.2005, Freitag

 

Langsam aber sicher nehmen die Verwirrungen zu. Haben wir bereits in diesem Hotel geschlafen? Einmal oder zweimal? War das im neunten Stock? Nein, doch im sechsten....Wie gut, dass wir jetzt bis Sonntag hier bleiben und nicht noch einmal das Hotel wechseln müssen. Zur Lobby haben immerhin heute morgen alle gefunden, so dass pünktlich zur Botschaft gestartet werden konnte. Was uns da widerfahren würde, wussten wir nicht. Und im Nachhinein betrachtet, braucht man es auch nicht unbedingt zu wissen. Wir wurden natürlich von der C-Garde der Botschaft empfangen und durften einer ausführlichen Power-Point-Präsentation über Botschaften im allgemeinen und der chinesischen im Besonderen lauschen. Die Flexibilität, von der Präsentation abzuweichen und ein wenig auf die Anforderungen und speziell auf die unsrige Zielgruppe einzugehen, verlief gegen Null. Einige der Fragen , die unsererseits gestellt wurden, konnten beantwortet werden. Eine Delegation unserer Gruppe hätte sicherlich für dieses Treffen ausgereicht.

Nun egal; immerhin konnten wir mitten in Peking deutschen Boden betreten.(und eine richtige deutsche Toilette benutzen!)

Zum Thema Toilettengang noch eine kleine Anekdote: Sind die Toiletten überhaupt schon hier beschrieben worden? Na dann wird es aber Zeit. In der Regel, so auch in der Schule sehen sie so aus:  In einem Raum befinden sich 6 – 8 in Brusthöhe abgetrennte, gekachelte Nischen. In diesen Nischen verläuft eine Rinne ( die unter allen Nischen die Gleiche bleibt!) Man hockt sich jetzt, je ein Bein beidseits der Rinne, und lässt alles laufen... Dies ist für uns äußerst gewöhnungsbedürftig. Auch wenn es manchmal so ist, dass es keine gemeinsame Rinne gibt, sondern so etwas ähnliches wie ein Becken über das man sich dann hockt, ist es doch immer wieder der Fall, ohne Türe dazustehen, bzw. zu hocken. Das ist nun wahrlich nicht nach jedermann (besser jederfraus!) Bedürfnis. Dennoch scheint es fast so, als wollten wir wirklich noch die allerletzten Toiletten(denkmäler) kennen lernen. Keine sich bietende Toilette wird ausgelassen. Die Reiseführer haben bestimmt eine solch pinkelfreudige Gruppe noch nicht erlebt.  Jede Möglichkeit wird genutzt. Zumindest fast immer. Nachdem es vorkam, dass trotz mehrfacher Aufforderung und Erklärung - der Bus hat in der Stadt keine Haltemöglichkeit - zur Toilette zu gehen, dies versäumt wurde und der Bus irgendwo am Straßenrand verbotenerweise halten musste, damit dort das Wasser gelassen werden konnte, steht jetzt ein Eimer (zur Abschreckung) im Bus. Der- oder diejenige, die den dringend empfohlenen (!) Gang auslässt und während der Fahrt muss, wird diesen Eimer benutzen müssen. Bis jetzt reicht die Androhung. Dem möchte sich hier niemand aussetzen müssen, obwohl wir uns fast schon etwas an die Offenheit auf den chinesischen Toiletten gewöhnt haben.

Der Botschaftsbesuch endete und ab ging´s ins Restaurant. Der Nachmittag sah die Besichtigung der verbotenen Stadt und des Himmelstempels vor. Tatsächlich hielten wir uns an den Plan. Zumindest nahezu fast alle!

Zunächst zur verbotenen Stadt: Dieser Bericht kann natürlich keinen Reiseführer ersetzen; deshalb  werden auch nur subjektive Erinnerungen wiedergegeben.

Die Anlage der verbotenen Stadt umfasst ein riesiges Areal und besteht aus mehreren Palästen, die in einer Reihe, wie aufgefädelt, hintereinander, u.a. durch Höfe und Treppen voneinander getrennt, stehen. Die komplette Anlage ist absolut symmetrisch aufgebaut und verläuft in einer Mittelachse von Nord nach Süd durch Peking. Diese Achse findet sich noch n 50 km Entfernung nach Norden und in 30 km nach Süden wieder. Dort gelangt man jeweils in bedeutende Orte. Sie liegen exakt auf dieser Linie!

Beeindruckende Paläste, die wir gesehen haben. Farblich wunderbar.

Die komplette verbotene Stadt ist zum Glück nicht Opfer der Kulturrevolution geworden. Hier wurde nichts zerstört. Gelesen hatten wir, dass Zhou Enlai dafür gesorgt haben soll. Tatsächlich war es aber Mao selbst; er wollte diesen Palast erhalten: Zum einen, weil er in unmittelbarer Nähe des Palastes wohnte und zum anderen, weil er sich selbst auch ein wenig als „Kaiser“ betrachtet haben mag. Egal warum, dieses Kulturdenkmal aus dem Jahr 1420 ist erhalten.

Wir haben viel über das chinesische Prinzip von Ying und Yan gehört. Das Weibliche und das Männliche. Es entspricht zugleich dem Himmel und der Erde. Auch links und recht spielen, zumindest für den Kaiser und dessen Bauten, eine wesentliche Rolle.

Die gesamte Verbotene Stadt und auch andere Kulturstätten sind nach dieser Philosophie durchdacht und aufgebaut.

Der großzügig angelegte Teil, der der Erde entspricht ist sehr grün; viele Bäume erfreuen einen beim Durchschreiten.

Jeder machte hier seine eigenen Bobachtungen und genoss die Pracht.

Am Ausgang fand eine kurze Lagebesprechung statt: Es hatte sich herausgestellt, dass es noch eine Gruppe gab, die ihrem Kaufrausch noch weiter erliegen wollte. Andere wollten gerne zum Himmelstempel. Wieder andere wollten beides. Es gab also verschiedene Bedürfnisse. Herr Rohde konnte mit seiner bekannt ruhigen, verständnis- und liebevollen Art eine Lösung provozieren, mit der alle zufrieden waren. Die gute Stimmung der Gruppe weiter hoch zu halten ist sein Ziel!

Die Gruppe teilte sich nun für ca. 1,5 Stunden. Es war gewährleistet, dass beide Gruppen mit Erwachsenen bestückt waren. So konnten alle ihrem jeweiligen Bedürfnis gerecht werden und tatsächlich trat auch genau dies ein. Beide Gruppen waren vollends zufrieden. Die Shopper bekamen alles, was sie brauchten und die Himmeltempel(be)sucher ebenfalls. Die Besichtigung des Tempels und dessen Anlage war informativ und mit einem ausgiebigen Spaziergang verbunden. Zudem gab es dort Gelegenheit in der Mitte der Welt zu stehen. China, als das Reich der Mitte, verfügt hier über den zentralen Punkt!

Das vereinbarte Zusammentreffen um 18:00 Uhr im Bus klappte hervorragend. So ging es gemeinsam zum Abendessen und anschließend  zurück ins Hotel. Die Gestaltung des Abends konnte jede und jeder für sich übernehmen.

 

 

 

Peking, 16.4.2005, Samstag

 

Der Ausflug zur Großen Mauer und zu den Ming Gräbern heute startete leider verspätet, mit einem ärgerlichen Geschehnis und ohne zwei Jungs und Frau Bäumer. Abfahrt sollte um 8:15 Uhr sein. Alle waren pünktlich; es fehlten zwei Jungs, die aber schon sehr früh beim Frühstück gesichtet und dafür auch reichlich gelobt wurden. Während der 20 minütigen Wartezeit wurden nun also die verschollenen Jungs gesucht; Es wurde auf dem Zimmer angerufen, mehrfach laut an der Tür geklopft und in den verschiedenen Räumen des Hotels, die möglicherweise reizvoll hätten sein können, gesucht.

Nirgends wurden sie gefunden. So wurde beschlossen, dass nun ohne die beiden gefahren werden sollte. Frau Bäumer, die bereits schon einmal bei der Mauer und den Ming-Gräbern war, erbot sich im Hotel zu bleiben und zu warten, wann, ob und wie die Jungs wieder auftauchen würden. Der Bus fuhr also los, einige waren sauer, andere besorgt, wieder andere beides! Wie wir nachmittags per Handy erfuhren, waren die Jungs aufgetaucht. Sie waren in ihrem Zimmer wieder eingeschlafen und hatten nichts gehört. (Disc-man!) Wahrscheinlich sind die Beiden damit genug gestraft, dass sie nun das Hauptereignis hier verpasst oder besser verpennt haben. Schade für sie. Ein dickes Lob an Frau Bäumer, die sich den schönen Ausflug entgehen ließ! Vielen Dank!

Das erste Ziel der Fahrt war mal wieder eine Fabrikbesichtigung. Gerne hätte die Gruppe diesen Abstecher vom Programm gestrichen, aber das war leider nicht möglich. Hier in China wird ja viel über den Staat geregelt. So auch die Organisation der vielen Reisegruppen, die ins Land kommen. Dies wird dann natürlich gerne dazu benutzt, die Touristen mit der heimischen Wirtschaft vertraut zu machen. Außerdem wird dafür gesorgt, dass gekauft wird. Und natürlich konnten wir dieser Herausforderung einmal mehr nicht widerstehen. Obwohl ausgemacht war, dass nur der kurze Produktionsprozess der Cloissonnée-Technik angeschaut werden sollte, dauerte es natürlich doch länger, da wir noch einmal „Kleinigkeiten“ einkaufen mussten. Aber dann war auch das geschafft und wir fuhren weiter zur Großen Mauer. Auf der fahrt dahin bekamen wir vom Reiseführer interessante Informationen über die Kulturrevolution und darüber, wie er sie selbst erlebt hat und welche körperlichen Leiden er bis heute dadurch davongetragen hat. Von den seelischen mal ganz zu schweigen. Da kann man nur Vermutungen anstellen, dass er auch damit Probleme hat. In jedem Fall ist er offen und freundlich, hat aber seinen sehr eigenen Humor. Er lacht gerade immer an den Stellen, die besonders tragisch sind. Das findet er dann komisch. Aber psychologische Mutmaßungen sollen hier nicht erläutert werden. Wir können über diese tragischen Ereignisse – wie z.B. massenhafte Hinrichtungen,  jedenfalls nicht lachen.

An der Großen Mauer schwärmten wir in Kleingruppen aus und versuchten mit mehr oder weniger großem Aufwand die Mauer zu erklimmen. Vom Busparkplatz bis zum Eingang hatten wir schon einige Höhenmeter zurückzulegen. Die richtigen Steigungen kamen aber dann auf der Mauer. Die ersten paar Stufen – zumindest die, die nach links führten waren bereits ungefähr couchtischhohe, schwer erklimmbare, steinerne Blöcke. Der Gang bergan zum nächstgelegenen hohen Turm war teilweise so schwer zu besteigen, dass man Mühe hatte überhaupt senkrecht zu bleiben und nicht so schräg wurde wie die Mauer steil. Unter Berücksichtigung des spitzenmäßigen Kaiserwetters, hatten wir für diese Expedition wirklich einen wunderschönen Tag erwischt. Allerdings hatte das zur Folge, dass der Weg nach oben schweißtreibend und durstfördernd war. Wie nicht anders zu erwarten wurde man aber davon beim Gang auf der Mauer durch die vielen „Fliegenhändler“ (unser Reiseführer sagt das immer zu fliegenden Händlern!)  abgelenkt. Hier wird wirklich keine Gelegenheit ausgelassen, den Touristen was aufzuschwatzen. Und: Sie haben tatsächlich Erfolg damit!

Aber nun noch mal zur Mauer. Ausdrücke zu finden, die auch nur annähernd das beschreiben, was man da erlebt, ist sehr schwer. „Überwältigend“ trifft es vielleicht am ehesten. Mit jedem Schritt, den man die Mauer entlanggeht, kommt einem einerseits ein fantastischer Blick auf die Berge, die Bäume und natürlich die scheinbar endlose Mauer in den Sinn, aber auch Gedanken darüber, wie diese Mauer entstanden sein muss. Allein diese Mengen an Steinen hinauf in dieses unebene Gelände zu bewegen, geschweige denn diese exakt zu verbauen, kann nur unter großem Verlust von Menschen erreicht worden sein. Die Mauer ist aber ebenso ein frühes Zeichen des großen Fleißes, für den die Chinesen noch heute zu bewundern sind. Die ewige Emsigkeit bewegt hier viel! Die Mauer zu erleben, zu spüren, zu erlaufen, verstehen und zu begreifen zu versuchen ist in jedem Fall ein lohnendes Unterfangen. Alle waren begeistert. Das ist schon seltsam. Plötzlich steht man auf einem der bedeutendsten Bauwerke der Welt und erliegt einem Charme, der sich kaum beschreiben lässt. „We climbed the wall“ ist für uns ab heute schöne Realität. Der Gang zurück, so steil, dass manche Leute ins Stolpern  geraten und fallen. Morgen werden einen netten Muskelkater haben. Unsere Waden mussten heute gute Arbeit leisten.

Nach dem zu späten Mittagessen in einem unglaublich großen Restaurant, in unserem „Separée“ war Platz für ungefähr 500 Menschen. Der Gang dorthin führte durch noch größere Säle. Ein guter Vergleich wäre eine Mensa. Allerdings sehen bei uns auch Mensen kleiner aber vor allem sauberer aus. Wir kamen nach der Hauptessenszeit und durften zwischen total versifften Tischen und Böden den appetitlichen Weg zu unseren Tischen antreten. Wem dabei der Hunger nicht vergangen ist....

Die nächste Etappe der Tour war der Besuch der Ming Gräber. 13 Kaiser sind in dieser Gegend in verschiedenen Anlagen beerdigt. Eine Anlage wurde ausgehoben und die Grabbeigaben zum Teil ausgestellt. Natürlich besteht das Grab aus verschiedenen Gebäuden, die ihre jeweils mystischen, religiösen oder philosophischen Begründungen haben.

Zum Abendessen wieder in Peking stießen auch die drei Daheimgelassenen wieder zu uns. Den beiden Jungs dürfte das kein einfacher Gang gewesen sein.

Der Abend endete für etwa die Hälfte der Gruppe noch mit einer chinesische Akrobatenvorstellung, die ihnen offenkundig sehr gefallen hat, für die anderen mit einen entspannten Abend im Hotel, für alle aber mit Kofferpacken!

Denn dies ist ! der letzte Abend für uns in China.

Es bleibt bei einem weinenden und einem lachenden Auge!

Wir freuen uns auch auf Euch alle!!!! Bis Dienstag!

 

 

 

17.4.2005 –  Sonntag  - Luftraum über China

 

Wie beginnt man den letzten Bericht über das Ende einer wunderschönen Tour?

Vielleicht am Liebsten gar nicht. Oder doch: !7 Tage, in denen wir gemeinsam so viel erleben durften: Begegnungen mit- und untereinander, neue Freundschaften, Vertrauen, Verantwortung, Spaß, Glück, Freude, das Ersteigen der großen Mauer, das Besichtigen der vielen verschiedenen Sehenswürdigkeiten und und und...Wir durften hier gemeinsam so viel wunderbares erleben, dass uns Unstimmigkeiten, sofern es welche gab, gar nicht auffielen oder aus der Bahn werfen konnten. Die Heterogenität dieser Gruppe verschmolz mit jedem Tag mehr zu einer homogenen Gruppe. Und doch ist es jetzt an der Zeit die 17 Tage aber gefühlten vier Wochen China abzuschließen. Insgeheim, auch wenn die Trauer über den Abschied bei einigen groß ist, werden sich alle auch auf zu Hause freuen. Vertraute Menschen, denen es nun viel zu erzählen gilt. Mit denen bald wieder geherzt und  gescherzt werden kann. Diese Aussicht wärmt unsere Herzen und vermindert den Abschiedsschmerz. Das gemeinsame Erleben dieser fremden Kultur war ein großartiges Erlebnis und wird in unser aller Herzen bleiben. 

Aber bevor das vergessen wird: Ohne die unglaubliche Flexibilität und Ausgeglichenheit von Herrn Rohde, Herrn Schäfer und Frau Wesemeyer  wären vielleicht manche Situationen anders verlaufen.

Herr Rohde war stets bemüht allen gerecht zu werden, zeigte sich vor allem durch sein liebevolles Verständnis aus. Jederzeit war er Ansprechpartner und half Lösungen zu finden. Bei all seinen Plänen und Absichten hatte er immer die Bedürfnisse und das Wohlbefinden der Gruppe im Auge.

Auch Herr Schäfer, der durch seine präsente, einfühlsame Art unermüdlichen Einsatz zeigte, sei an dieser Stelle herzlich dafür gedankt.

Frau Wesemeyer, ohne die die Aufführung in Hangzhou nicht möglich gewesen wäre und die zu keiner Zeit ihren Optimismus verlor! Sie motivierte uns so, dass unser Auftritt ein voller Erfolg wurde. Auch ihr hier nochmals ein dickes Dankeschön!

Frau Bäumer, die uns ja sozusagen als Gastlehrerin begleitete, sei gedankt für die Hilfestellungen und Tipps bei seltsamerweise immer wieder auftretenden Sprachschwierigkeiten. Für ihren selbstlosen Einsatz, als sie die „verschlafenen Jungs“ tagsüber unter ihre Fittiche nahm! Das wird allen sicher in guter Erinnerung bleiben.

Ein weiterer Dank soll hier auch Herrn Herden zukommen, der bei medizinischen Problemen gerne hilfreich zur Seite stand.

 

So nun aber noch mal einige kleine Ausschnitte unseres Abfahrttages.

Heute morgen wurden wir schon um 6 Uhr geweckt.

Frühes Frühstück, rechtzeitige Gepäckabgabe am Bus, damit der Fahrer planvoll unsere Koffer verstauen konnte und pünktliche Abgabe des Zimmerschlüssels: denn erst dann werden die Zimmer kontrolliert und geprüft, ob alles in Ordnung ist, ob keiner etwas aus Versehen „mitgenommen“ hat und was aus der Minibar getrunken wurde....Erst nach Abschluss dieser Tätigkeit, können wir „entlassen“ werden und losfahren.

Versprochen wurde uns, nein besser gelockt wurden wir noch einen „Flohmarkt“ in Peking zu besuchen. Wir freuten uns auf schöne alte Flohmarktsachen, auch wenn das Alte wieder nur gefaket (nachgemacht, gefälscht) sein würde.

Aber wir fanden stattdessen zwar den richtigen Ort, allerdings viel zu früh. Bis zur Öffnung des Marktes mussten wir noch 45 Minuten warten. Wir stürzten hinein und fanden... genau : die letzte mögliche Butterfahrtveranstaltung vor dem Flughafen. Hier konnten wir noch mal die Koffer mit Klamotten voll tanken. Es handelte sich bei diesem „Flohmarkt“ eher um ein Kaufhaus: Alle Sachen waren neu: Handtaschen, Kleider, Klamotten, Schuhe...alles was mancher Herzen begehrte konnte hier noch erstanden werden. Einletztes Mal bekamen wir hier die Möglichkeit sich über einen guten Handel und das beste Schnäppchen zu freuen. Die letzten vorhandenen Yuans (auch wenn es nicht die eigenen waren) wurden hier ausgegeben. Man kann also sagen, dass dieser „Flohmarkt“ , der sicherlich auch staatlich gelenkt aufgesucht wird –ebenso wie alle anderen Fabriken, die wir besichtigt haben – noch einmal ordentlich zur Steigerung der chinesischen Wirtschaft beiträgt. Denn wir waren offensichtlich nicht der einzige Bus, der noch schnell vorm Abflug hier Halt machte....

Am Flughafen, den wir pünktlich erreichten (gegen 11:30 Uhr) , begann es dann doch noch mal etwas chaotisch zu werden.

Wie konnten wir am besten unser Gepäck einchecken ohne Gebühr für Übergewicht zahlen zu müssen? Wir konnten also als Gruppe einchecken. Gut nun war auch das geklärt (ja, im Brecht heißt es erklärt), also stellten wir uns mehr oder weniger in eine Schlange. 

Bis es weiter ging dauerte es schier endlos. Man kann sogar sagen, es ging überhaupt nicht weiter. Und zwar ziemlich lange. Das Stehen und die schlechte Luft sowie das ewige Warten zermürbte ein klein wenig unsere gute Stimmung. Irgendwann war diese erste Hürde genommen. Nun hieß es, es sei Zeit bis 13:30 Uhr, Treffpunkt Gate 13. Zum Glück gingen wir alle in die richtige Richtung. Dort erblickten wir schon die nächste Menschenschlange, die bereits ihre ausgefüllten Ausreisevisa in der Hand, dort anstanden. Nun füllten wir dieses Formular aus und warteten auf die Ausreisebestätigung. Hier durfte man wieder Pass und Ticket vorzeigen, kamen aber alle irgendwann durch und gingen in zwei größeren Gruppen zum Gate 13.  Eine kleine Zwischenaufregung gab es hier noch mal: Ein Jugendlicher aus der Gruppe war von Beamten mitgenommen worden. Keiner wusste wohin und warum. Irgendwer hatte etwas von Stempel gehört. Jedenfalls waren wir natürlich in Sorge. Am Gate 13 angekommen saß er aber bereits dort, aus Versehen hatte der Beamte ihm zwei  Stempel in den Pass gedrückt und das bedurfte nun der Klärung. Diejenigen, die versucht hatten etwas über das vermeintliche Verschwinden herauszufinden und in Sachen Befreiungshilfe unterwegs waren, wurden informiert.....Alles richtete sich. Auch waren immer noch alle Reisegruppenmitglieder vollzählig anwesend und das sollte zum Glück auch bis zum Ende der Reise so bleiben. Die Sorge, ein Gruppenmitglied irgendwo einmal zu verlieren, begleitete uns ja auf der gesamten Reise. Wir waren nun abflugbereit – im Gegensatz zu Air-China. Der Abflug verzögerte sich exakt um eine Stunde. Vielleicht gehört das zum Erlernen chinesischer Tugenden, das Warten und sich das Füße in den Bauch stehen. Dafür haben die Chinesen ja die Fähigkeit sich auf beiden Füssen abzusetzen. Sie können sich beidfüssig auf dem Boden stehend hinsetzen – so wie bei uns ganz kleine Kinder beim Spielen manchmal – und so stundenlang, ruhig verharren oder die verschiedensten Tätigkeiten dabei ausführen: Waschen, Essen, Zeitung lesen, Telefonieren.....

Jetzt sitzen wir im Flugzeug und befassen uns mit Abschied und Ankommen. Hat auch das wieder etwas mit dem Ying und Yan -Prinzip zu  tun???

 

Gegen 21:30 erreichten wir erschöpft und freudig erregt unser Marburg und konnten hier endlich die Daheimgebliebenen wieder drücken!

 

 

 

 

 

Dieser Reisebericht spiegelt lediglich meine subjektive Wahrnehmung und sollte Ihnen  Einblicke und Eindrücke unserer Chinareise wieder geben. Es versteht sich von selbst, dass hier kein Anspruch auf Vollständigkeit und Allgemeingültigkeit erhoben wird. Es gäbe noch eine Menge Details und Bemerkenswertes zu berichten. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Für heute ist genug geschrieben.

Beim Durchlesen heute stelle ich fest, dass mir doch in der Eile hin und wieder Schreib- und noch gravierender, Grammatikfehler unterlaufen sind. Ich bitte dies zu entschuldigen, aber die Berichte entstanden meist nach Mitternacht, nach anstrengenden Tagen und ich habe sie selten Korrektur gelesen.

Dennoch war es mir eine große Freude diese Berichte zu schreiben. Sie werden mir auch helfen, Ereignisse, Begebenheiten und Stimmungen  zu erinnern.

Ein GROßER DANK auch an Jan-Nicholas, ohne den dieses ganze Unterfangen der Fotos und Berichte gar nicht zustande gekommen wäre. Seine Ausdauer und sein unerbittliches „Daran Arbeiten“ ermöglichten diese Web-Seite. Prima!

 

Kirsten Fleïng